Klimawandel – Anpassungsstrategien vor Ort in Kitzingen

Stellten sich den Fragen zum Klimaschutz vor Ort: Eva Trapp, Klaus Sanzenbacher, Andrea Schmidt, MdL Patrick Friedl (v. lks)
Stellten sich den Fragen zum Klimaschutz vor Ort: Eva Trapp, Klaus Sanzenbacher, Andrea Schmidt, MdL Patrick Friedl (v. lks). Foto: Josef Schmid

von Eva Trapp

Unser Themenabend „Klimawandel vor Ort – Was können wir tun?“ im gut besuchten Stadtteilzentrum Kitzingen-Siedlung vermittelte einen Ausblick auf die Inhalte und Ziele der künftigen Stadtratsarbeit mit GRÜNER Beteiligung.

Gleich zu Anfang verdeutlichte GRÜNEN-Sprecherin Eva Trapp, dass beim Klimaschutz ein entschlossenes gemeinsames Handeln aller Parteien erforderlich sei:

Im Berufsleben ist Teamfähigkeit längst eines der wichtigsten Soft Skills. Auch die Politik muss das unbedingt lernen!“.

Die GRÜNEN wünschen sich die Arbeit im Stadtrat zukünftig viel stärker projekt- als parteiorientiert.

Klaus Sanzenbacher zu konkreten Klimaschutz-Maßnahmen für das Stadtgebiet Kitzingen

Der Ökologe und Vorsitzende der Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz Klaus Sanzenbacher stellte sehr anschaulich und anhand konkreter Beispiele seine Vorschläge für Klimaschutz-Maßnahmen im Stadtgebiet Kitzingen dar.

Im Vordergrund seiner Ausführungen standen bauliche Vorkehrungen und die Stärkung der Biodiversität durch Optimierung des Lebensraums für Tiere.

Zur Verbesserung des Stadtklimas forderte Sanzenbacher „Bäume, Bäume, Bäume!“ und sprach sich für generell mehr Grün in und an den Straßen aus.

Bäume seien der wichtigste CO2-Senker, spenden Schatten und kühlen die Umgebungstemperatur herab. Notfalls könne auch mobiles Grün in Pflanzgefäßen zum Einsatz kommen.

Das Grünflächenmanagement müsse sich dem Klimawandel anpassen!

Kitzingen ist mit einer Flächen-Versiegelungsquote von über 60% trauriger Spitzenreiter in ganz Unterfranken.*

Sanzenbacher hinterfragte die vielen (teil-)versiegelten Flächen in der Stadt, wie z.B. am Mainkai und am Landwehrplatz, die unser „Hitzingen“ in heißen Sommern noch mehr aufheizen. Dort – und auch auf allen städtischen Grünflächen – sollten Blühstreifen mit heimischen Kräutern angelegt werden. Auch Dach- und Fassadenbegrünungen, die Förderung naturnaher Gärten sowie das Anpflanzen trockenheitsresistenter heimischer (!) Pflanzen würden dem Klima- und Insektenschutz dienen.

* Bayrisches Landesamt für Umwelt (LfU): Satellitengestützte Erfassung der Bodenversiegelung in Bayern, Stand 2017

„Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Bäume zu verlieren und müssen auf heimische Gehölze und regionales Saatgut setzen. Palmen, Buchsbaum und Zierapfel haben für die Biodiversität wenig Nutzen!“

Klaus Sanzenbacher

Künftige Verpachtungen städtischer Flächen sollten an eine zumindest teilweise ökologische Nutzung (mehrjährige Blühstreifen) mit einer entsprechenden Verringerung der Pacht gebunden werden.

Für eine Beseitigung von Lebensstätten, wie dies wohl am geplanten Hotel am Main mit den Schwalbennestern passieren wird, forderte Sanzenbacher die vorherige Anbringung von Ausweichmöglichkeiten, wie sie das Naturschutzgesetz vorschreibt.

Auch beklagte er die zunehmende (Plastik-) Vermüllung in Kitzingen. Wo bereits Müll auf öffentlichen Flächen liege, sinke die Hemmschwelle, unbedacht seinen Müll abzuladen. Der lande dann schlussendlich im Boden oder im Main.

Um zu verhindern, dass uns im Restaurant bald Badeente an Mikroplastik-Risotto serviert wird, ist zuallererst das Wiederaufstellen von zusätzlichen städtischen Mülleimern in der Stadt und entlang den Spazierwegen Pflicht – dann aber gleich mit Extra-Aufsatz für Zigarettenkippen.“

Klaus Sanzenbacher

Klima-Anpassungs-Strategien für Kitzingen am Beispiel von Würzburg

Anschließend erläuterte MdL Patrick Friedl, Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung, welche Folgen die Klimaüberhitzung für die Kommunen bereits jetzt hat.

Er zeigte eindrucksvolle Klimafunktions-Kartierungen für das Stadtgebiet Würzburg und erläuterte welche Schlüsse und Maßnahmen die Stadt daraus bereits abgeleitet hat.

Auf Basis der Kartierungen konnten nicht nur Hitze-Hot-Spots, sondern auch die Luftströme verzeichnet und daraus resultierend freizuhaltende Frischluftschneisen identifiziert werden. Demzufolge wurde eine Wiese am Hang nicht zum Baugebiet.

Auf den Kartierungen sei auch deutlich zu erkennen, welche immense Rolle den Bäumen für die Herabkühlung städtischer Temperaturen zukommt.

Neue Bauflächen sind nicht mehr das oberste Thema, an erster Stelle stehen jetzt klimarelevante Kriterien wie Frischluftschneisen, Kaltluftentstehungsgebiete und Flächenversiegelung. Für diesen Paradigmenwechsel streiten wir GRÜNEN.“

MdL Patrick Friedl

Aus seinem Positionspapier Auf dem Weg zur Klimaangepassten Kommune stellte Friedl strategische und operative Maßnahmen vor, die durchaus auch für Kitzingen relevant sind:

  • Hitzeaktionspläne aufstellen und ein Sturzflutmanagement implementieren. Dabei spielt das Thema Flächenversiegelung eine wesentliche Rolle.
  • Konzept der Schwammstadt: In Zeiten zunehmender Trockenheit darf Wasser nicht mehr schnellstmöglich durch die Kanalisation abtransportiert werden, vielmehr brauchen wir Speichermöglichkeiten für Regenwasser.
  • Als Folge des Artenschutzgesetzes muss eine Biotop-Kartierung erfolgen.
  • In Würzburg fand bereits der 3. parteiübergreifende Klimaschutzkongress statt mit Workshops, in denen jeder mitarbeiten kann. Solche Allianzen gilt es auch in Kitzingen zu schmieden.

Kitzingen solle zudem der Empfehlung der Staatsregierung im Bayrischen Naturschutzgesetz anschließen und eine klimaneutrale Verwaltung bis zum Jahr 2030 anstreben. Der erste Schritt sei ein Antrag auf Klima-Notstand.

OB-Kandidatin Andrea Schmidt bekräftigte dies als Zielsetzung für Kitzingen.

Auch die Themen Erneuerbare Energien und Mobilitätswende als wichtige Bausteine für mehr Klimaschutz wurden erörtert.

„Wir wollen unsere Lebensgrundlage erhalten und Flora und Fauna helfen, die mit der ansteigenden Hitze nicht zurechtkommen. Dafür brauchen wir Aktionsbündnisse und müssen endlich das Dogma der Freiwilligkeit durchbrechen. Dank der Politik der Freiwilligkeit stehen wir heute da wo wir sind. Die Politik aber muss jetzt Rahmenbedingungen setzen.“

MdL Patrick Friedl

Die Referenten:

Friedl ist bereits seit 2008 für die GRÜNEN im Würzburger Stadtrat und der einzige GRÜNE, der bei der Landtagswahl 2018 außerhalb Münchens ein Direktmandat errungen hat. Das wichtigste Thema des gelernten Juristen ist der Klimaschutz. Im Dezember 2019 verabschiedete die Landtagsfraktion der GRÜNEN Friedls Positionspapier zu Folgen und Anpassung im Zusammenhang mit der Klimaüberhitzung.

Ideenaustausch zum Klimaschutz vor Ort: Klaus Sanzenbacher und Patrick Friedl