Vortrag Ludwig Hartmann „Betonflut stoppen“ -20.11.2017-

v.lks.: Angela Hufnagel, Ludwig Hartmann, Christa Büttner
v.lks.: Angela Hufnagel, Ludwig Hartmann, Christa Büttner. Foto: GRÜNE
v.l. Angela Hufnagel, Ludwig Hartmann, Christa Büttner

Denken bevor der Bagger kommt

GRÜNE Infoveranstaltung zum Volksbegehren Flächenverbrauch

In Bayern verschwinden jeden Tag 13 Hektar Land unter Asphalt und Beton: das entspricht etwa der Größe der Stadt Kitzingen. Um diesen Flächenverbrauch einzudämmen soll ein Volksbegehren gestartet werden. Dazu gab es einem Infoabend des Ortsverbandes der Grünen Kitzingen und viele waren der Einladung gefolgt. Vorstandsmitglied Christa Büttner drückte ihr Bedauern aus, daß ein im Jahr 2003 initiiertes Bündnis gegen den Flächenverbrauch völlig wirkungslos blieb. „Der Versuch das Problem auf freiwilliger Basis zu lösen ist gescheitert. Bayern ist im bundesweiten Vergleich klarer Spitzenreiter beim Flächenverbrauch. In Kitzingen gibt es Gegner für ein Baugebiet am Wilhelmsbühl, im Gewerbegebiet Schwarzach stehen viele Flächen ungenutzt. Allerdings sind auch positive Entwicklungen in der Stadt erkennbar. Auf dem Gelände der ehem. Baywa , dem Fetzergelände und der Bürgerbräu entstehen dringend benötigte Wohnungen im Geschossbau ohne neue Flächen zu verbrauchen.“

Hierzu erklärte Ludwig Hartmann, MdL und Sprecher der Bürgerinitiative bei seinem anschließenden Vortrag, daß die die Bundesregierung mit ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie den Flächenverbrauch in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag beschränken will. Das ist ein sinnvolles Ziel. Der bayerische Anteil an diesen 30 Hektar beträgt 5 Hektar – deshalb liegt die in dem Gesetzesentwurf vorgesehene Höchstgrenze bei dieser Marke. „Wir wollen den Flächenverbrauch also eindämmen, nicht Bautätigkeit per se verbieten. Für uns steht vor allem im Fokus, dass wir generell besser planen. Das Motto muss lauten: Denken, bevor der Bagger kommt. Mehrstöckig statt flacher Bungalow, Tiefgarage oder Parkdeck statt ebenerdiger Parkplatz, bedarfsorientierte Ausweisung von Gewerbegebieten – allein diese Maßnahmen würden den Flächenverbrauch wirksam verringern“ so Hartmann.

Die 5 Hektar Flächenverbrauch pro Tag, die künftig noch möglich sind, lassen genügend Raum für weitere Entwicklung, für den Bau von Wohnungen oder
Gewerbeansiedlungen. Wenn wir die Hälfte (2,5 ha) der 5 ha/Tag für den Bau neuer Wohnflächen verwenden, können wir zukünftig jährlich fast 120.000 Wohnungen bauen. Zum Vergleich: 2016 wurden in Bayern rund 54.000 Wohnungen gebaut. Die Nutzung von Leerständen und innerörtlichen Brachflächen, die Umwidmung von freien Gewerbeflächen oder Gebäudeaufstockungen sind in dieser Rechnung noch gar nicht berücksichtigt. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen sieht keinen Zielkonflikt zwischen den sozialen und den ökologischen Zielen beim Thema Flächenverbrauch: Es fehlen vor allem preisgünstige Wohnungen in den und um die am stärksten wachsenden Städte. Der Wohnflächenbedarf kann nicht durch Ein- und Zweifamilienhäuser, sondern nur durch Geschosswohnungsbau gedeckt werden. Ein Bedarf besteht insbesondere an altengerechten kleineren Wohneinheiten sowie größeren Wohnungen für Familien.

Auch bei den Gewerbeflächen ist ein zusätzlicher Bedarf nicht erkennbar. Derzeit sind in Bayern mindestens 11.000 Hektar Gewerbeflächen ungenutzt. Dabei handelt es sich nur um die bekannten Zahlen. Da es hierfür keine Meldepflicht gibt, liegt die tatsächliche Zahl wahrscheinlich deutlich höher. Wir haben also keinen Mangel an Gewerbeflächen, sondern einen Überfluss.

Ein weiteres Modell, wie der Flächenverbrauch eingedämmt werden kann ist der Flächenzertifikate-Handel. Hier werden den Kommunen jährlich nach einem degressiv-proportionalen Bevölkerungsschlüssel Kontingente in Form von Zertifikaten kostenlos zugeteilt. Insgesamt werden nur so viele Zertifikate auf die Kommunen verteilt, wie Fläche verbraucht werden darf. Mit den Zertifikaten können die Kommunen außerhalb der bereits bebauten Ortsteile neue Flächen zur Bebauung ausweisen.

Bei der anschließenden lebhaften Diskussion wurde auch die Frage gestellt, warum hier nicht schon längst etwas unternommen wurde: „Es ist gut, daß die GRÜNEN das jetzt machen“. Auch wurde für jedes neues Baugebiet eine Folgekostenabschätzung vorgeschlagen.

Alle waren sich einig, dass lebendige Ortskerne zu den geerbten Kulturlandschaften Bayerns gehören – diese zu erhalten, ist ein Ziel unseres Volksbegehrens.